Programmiere Deine Gene

 

https://youtu.be/uSPCaYzkyIg

Programmiere Deine Gene

(Transkript)

Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass die gesamte Erbinformation in der DNA im Zellkern gespeichert ist. Man glaubte zu wissen, dass die Erbanlage in unserem genetischen Erbgut vorgibt, welche Eigenschaften und Fähigkeiten wir in unserem Leben entwickeln und entwickeln können.

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Im April 2003 war das gesamte menschliche Genom erstmalig entschlüsselt. Man fand ca. 23000 Gene. Zum Vergleich, ein Reiskorn hat ca. 55000 Gene, wobei das gemeine Reiskorn dem Menschen trotzdem nicht überlegen ist. Es muss neben den Genen also noch etwas geben. Man fand heraus, dass man durch Genanlayse den Genotyp eines Menschen bestimmen kann, also welche Informationen seine Gene beinhalten, aber man kann nicht seinen Phänotyp bestimmen, also welche Körpermerkmale und Eigenschaften oder Verhalten sich ausprägen werden.

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In diesem Beitrag geht es um die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik, einem Fachgebiet der Biologie, das die Frage erforscht, wie die Aktivität unserer Gene gesteuert wird. Übrigens, die Aktivitätssteuerung der Gene wird sogar vererbt, ohne dass sich die Gene in der DNA z.B. durch Mutationen ändern.

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Wir befassen uns mit der Frage, ob und wie wir unsere Gene nutzen und beeinflussen können … und damit herzlich Willkommen zu Romejo schön, dass Sie Neugierig sind.

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Können wir durch unser Verhalten unsere Gene steuern? Können wir selbst Gene aktivieren und deaktivieren, um z.B. Krankheiten zu vermeiden, das Wohlbefinden oder sogar die Lebenserwartung positiv zu beeinflussen? Die simple Antwort: JA.

Keiner kann sich auch nur eines seiner ca. 23000 Gene aussuchen, trotzdem ist mit unserer genetischen Veranlagung unser Schicksal nicht in Stein gemeißelt.

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Dies zeigt sich besonders deutlich an eineiigen Zwillingen.

Eineiige Zwillinge besitzen die identischen Gene, die Eizelle der Mutter wird von einer Spermazelle des Vaters befruchtet. Bei der anschließenden Zellteilung entwickeln sich jedoch zwei Keime, die sich zu je einem Zwilling mit den identischen Genen entwickeln. Es entstehen zwei genetisch identische Klone.- und trotzdem kann man Unterschiede nachweisen z.B. bei Erkrankungen wie Diabetes oder Brustkrebs, für die die Zwillinge die identische Prädisposition also Veranlagung in ihren Genen tragen, wenn diese zu unterschiedlichen Zeiten zum Tragen kommen, oder bei dem einen Zwilling zum Tragen kommen, bei dem anderen nicht.

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Auch die unterschiedlichen Lebensspannen von eineiigen Zwillingen zeigt, dass es neben dem Genom noch etwas anderes geben muss. Das Epigenom der An- und Abschalter der Gene.

Mark und Scott Kelly sind das wohl berühmteste Zwillingspaar der Forschung. Die beiden US-Amerikaner sind genetisch identisch und haben auch den gleichen Beruf sie sind Astronauten.

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Doch währen Scott Kelly ab März 2015 fast ein Jahr im All auf der IIS-Raumstation verbracht hat, blieb Mark auf der Erde. So war es möglich durch Vergleich die Umweltfaktoren von All und Erde auf die Gene zu untersuchen. Vor während und nach der Mission wurden die Zwillinge untersucht und als Ergebnis wurde festgestellt, dass Schwerelosigkeit, Strahlung & Co. die Aktivität von Scott Kellys Genen stark verändert hatte. Dies lässt den Rückschluss zu, dass wir zumindest teilweise unsere Gene programmieren können, also durch die Lebensweise beeinflussen können, genauer gesagt die Genaktivität.

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Epigenetisch sind alle Prozesse in einer Zelle, die als „zusätzlich“ zu den Inhalten und Vorgängen der Genetik gelten.

Wer es kurz mal wissenschaftlicher haben möchte: Grundlage der Epigenetik sind chemische Veränderungen am Chromatin, der Proteine, die an DNA binden, oder auch Methylierung der DNA selbst, die Abschnitte oder ganze Chromosomen in ihrer Aktivität beeinflussen können. Man spricht auch von epigenetischer Veränderung bzw. epigenetischer Prägung. Da die DNA-Sequenz nicht verändert wird, kann man epigenetische Effekte nicht im Genotyp (DNA-Sequenz), sehr wohl aber im Phänotyp nachweisen und beobachten.

Genug mit den Schlaudeutsch: EPI heißt einfach NEBEN und Epigenetische Veränderungen sind Chemische Äderungen direkt neben den Genen.

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In einer Studie hat man 80 eineiige Zwillinge epigenetisch untersucht auf all die gerade genannten Veränderungen und festgestellt, dass sie im Alter von 3 Jahren noch epigenetisch hochgradig übereinstimmen, dass sich dies aber mit zunehmendem Alter ändert. Besonders hoch waren die Unterschiede, je unterschiedlicher die Lebensumstände waren. Daraus lässt sich schließen, dass unsere Genaktivität beeinflussbar ist.

Obwohl eineiige Zwillinge genetisch identisch sind, fand man bisher noch keine Zwillinge mit identischen Fingerabdrücken. Man vermutet epigenetische Einflüsse im Mutterleib, so richtig weiß man es aber bisher noch nicht.

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Die Forschung von Charles Robert Darwin hat ergeben, dass sich die Gene einer Spezies nur über viele Generationen ändern und durch natürliche Selektion anpassen. Die moderne Welt ändert sich jedoch fast permanent, durch Nahrungsüberfluss, Klimawandel, digitale Revolution. Die sog. „weiche Vererbung“ nämlich die Vererbung des Epigenoms ermöglicht die Vererbung einer Anpassung schon in der nächsten Generation. Das Epigenom kann als Erbträger die Genaktivität vererben, sowohl innerhalb des eigenen Körpers bei der Zellteilung und Zellerneuerung, als auch auf die nächste Generation.

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In einer Studie wurden Mäuse klassisch konditioniert. Man setzte die Mäuse einem angenehmen Geruch aus und verabreichte ihnen zeitgleich schmerzhafte Stromschläge, solange, bis der angenehme Geruch allein schon Panik bei ihnen auslöste. Erstaunlicherweise reagierten auch die Nachkommen der Nagetiere mit Angstreaktionen auf den bloßen Geruch. Bis in die vierte Generation wurde dies vererbt. Die Wissenschaftler untersuchten das verantwortliche Gen und stellten fest, dass das Epigenom durch eine Methylierung verändert worden war.

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2005 untersuchte man für eine Studie Augenzeuginnen der Angriffe auf das Worldtradecenter, die 2001 schwanger waren und man fand, dass das Stresshormon Cortisol signifikant erhöht war und man stellte fest, dass dies auch bei den inzwischen geborenen Kindern der Fall war. Ähnliche Untersuchungen fanden auch bei Holocaust-Überlebenden und Ihren Nachkommen statt, mit identischem Ergebnis. Das Epigenom wird vererbt. Man spricht von der weichen Vererbung, der Vererbung der Genaktivität durch das Epigenom. Tierversuche haben ergeben, dass solche Epigenom-Veränderungen bis in die 4. Generation vererbt werden.

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Angesichts solcher Forschungsergebnisse kann man die These aufstellen, das z.B Flugangst weich vererbt werden kann.

Das Epigenom umgibt jeden einzelnen DNA-Strang mit einer Hülle aus chemischen Substanzen und kann die Aktivität eines Gens nicht nur hoch- und runterfahren, sondern auch an- und ausschalten.

Die Epigenetik lässt sich durch äußere Einflüsse beeinflussen und damit programmieren, so wird eine Bienenlarve durch ihre Ernährung zur Königin programmiert. Die genetischen Anlagen zur Königin sind in jeder Bienenlarve, die Nahrung verändert jedoch das Epigenom und macht sie zur Königin.

Günstig auf das Epigenom einwirkende Lebensumstände haben wohl auch dazu geführt, dass die Lebenserwartung der modernen Menschen sich in den letzten Jahrzehnten massiv verlängert hat.

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Wir haben betrachtet, wie unsere Genaktivität unseren Lebensumständen angepasst wird, wir haben erfahren, dass diese Anpassungen sogar vererbt werden.

Betrachten wir nun, wie wir unsere Genaktivität beeinflussen können, um z.B. länger gesund zu bleiben, oder unser Wohlbefinden zu erhöhen, ja selbst, um unser Leben zu verlängern.

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Ich möchte die 5 wohl entscheidendsten Faktoren nennen.

  1. Stess, Unruhe, Schlafmangel
  2. Ernährung, Gifte
  3. Bewegung, Sport
  4. Wahrnehmung, Emotionen,
  5. Musik

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Faktor 1) Stress und Schlafmangel schädigen unsere Gene.

Neben den vorher besprochenen Methylierungen haben Telomere eine wichtige genetische Funktion. Telomere sind quasi die Endkappen der Chromosomen und schützen diese bei der Zellteilung vor dem Abbau. Die Telomerase ist das Enzym, das sicherstellt, dass die Chromosomen intakt bleiben. Stress, Schlafmangel und psychische Belastungen können die Aktivität des Enzyms verringern, das führt dazu, dass die Telomere kürzer werden und schlussendlich die Zelle sich nicht mehr teilen kann, die Zelle altert schneller. Für die Entdeckung dieses Prozesses wurde Elizabeth Blackburn 2009 mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt.

Durch ausreichenden ausruhenden Schlaf können wir unsere Gene auf Langlebigkeit programmieren, dies gelingt auch durch Meditation und das Abschalten von Störfaktoren wie abendliches Licht und Reizüberflutung.

Forscher konnten bei Probanden die regelmäßig meditierten Veränderungen in der Ausprägung vieler Gene nachweisen, insbesondere solcher, die Entzündungen reduzieren.

MRT-Aufnahmen haben bei regelmäßig meditierenden Menschen außerdem eine Verdichtung der grauen Hirnsubstanz belegt, besonders in Hirnregionen die für das Erinnern, Mitfühlen und Lernen zuständig sind.

EEG-Messungen wiesen bei regelmäßig meditierenden Wellen im Frequenzbereich zwischen 8 und 13 Hz nach, diese werden als Alpha Wellen bezeichnet und sind Zeichen für Ruhe und Entspannung.

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Faktor 2) Ernährung, Giftstoffe

Gesunde Ernährung und Bewegung gelten als Wunderwaffen gegen körperliche Beschwerden, die Wirkung ist eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen und inzwischen gut erforscht.

Am potenziell schädlichsten erweisen sich Gifte, wie Alkohol und Nikotin. 2008 fand man am Max-Plank-Institut in Rostock heraus, das Frauen, die auf Alkohohol im Übermass verzichten bis zu 23 Jahren länger leben, Männer durchschnittlich 16 Jahre.

Blutzuckerspitzen, wie sie zum Beispiel durch Essen von Fertigprodukte und zuckerhaltigen Limonaden entstehen haben neben einer zu fettreichen Ernährung die negativsten epigenetischen Effekte.

Positiv auf epigenetische Prozesse wirken sich hingegen besonders Vitamin A, B2, B6, B9, B12 sowie Zink, Magnesium und sekundäre Pflanzenstoffe aus, sie sind in Obst, Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchten, pflanzlichen Ölen und Fisch enthalten.

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Faktor 3) Bewegung & Sport

Es ist inzwischen wissenschaftlich gesichert, dass langfristiges und regelmäßiges sportliches Training epigenetisch 4.076 Gene mit positiven Effekten in den Zellkernen der Muskelzellen beeinflusst. Muskelmasse stärkt die Knochen und verbrennt viel Energie.

An der schwedischen Universität Lund fand man in einer Studie heraus, dass ein sechsmonatiges sauerstoffreiches Training epigenetische Veränderungen an den Fettzellen aller Teilnehmer ermöglichte, die Fettzellen also genetisch umprogrammiert hat. Über 7000 Gene der Fettzellen wurden so verändert, dass sich der Stoffwechsel messbar verbesserte.

Sport ist also kein Mord.

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Gesundes Essen, die Einschränkung von sog. Genussgiften und regelmäßige Bewegung sind erwiesenermaßen die Wunderwaffen gegen körperliche Beschwerden.

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Kommen wir zum vierten Faktor wie wir unsere Gene programmieren können.

4) Wahrnehmung, Emotionen, Achtsamkeit

Wer regelmäßig meditiert, steuert sein Epigenom und programmiert seine Gene. Bei Meditierenden Probanden konnten Forscher vielerlei positive epigenetische Veränderungen nachweisen, u.a. solche, die Entzündungen im Körper reduzieren.

Eine Studie des Chopra Centers von 2013 zeigte, dass intensive relmäßige Meditation zu Genveränderungen führt, die das Alzheimer-Risiko senken, die Immunabwehr stärken und die Aktivität der Telomerase steigern. Das Enzym verlangsamt nachweislich die Zellalterung.

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Als letzten Faktor zur Programmierung der Gene will ich noch eine wahre Wunderwaffe nennen, die Musik.

Wohltuende Musik entspannt Geist und Körper, stimuliert zahlreiche Hirnregionen positiv, verbessert allgemein den Blutfluss, und reguliert Emotionen.

Studien belegen, dass das regelmäßige Hören von wohltuender Musik und auch das musizieren, epigenetisch Gene aktiviert, die an der Ausschüttung von Dopamin beteiligt sind. Der Botenstoff steigert bekanntlich das Gefühl von Belohnung und Freude.

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Zum Fazit:

Die Lernfähigkeit und Intelligenz unseres Genoms können wir nutzen, um durch bewusste Änderungen unseres Lebensstils auf unseren Körper einzuwirken und die idealen Voraussetzungen für ein langes, gesundes und glückliches Leben zu schaffen.

Ob bestimmte Gene überhaupt aktiv werden, wird durch unseren Lebensstil und Lebensumstände maßgeblich beeinflusst. Wir können unsere Gene programmieren für mehr Wohlbefinden, mehr Gesundheit und ein längeres Leben.

Vielen Dank für’s Zuschauen, alle Quellangaben und weiterführendes gibt wie immer auf Romejo.com.

Programmieren Sie erfolgreich Ihre Gene, bis zum nächsten Mal und bleiben Sie neugierig.

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Quellen & Weiterführend

Mario F. Fraga, Esteban Ballestar, Maria F. Paz, Santiago Ropero, Fernando Setien, Maria L. Ballestar, Damia Heine-Suñer, Juan C. Cigudosa, Miguel Urioste, Javier Benitez, Manuel Boix-Chornet, Abel Sanchez-Aguilera, Charlotte Ling, Emma Carlsson, Pernille Poulsen, Allan Vaag, Zarko Stephan, Tim D. Spector, Yue-Zhong Wu, Christoph Plass, and Manel Esteller. Epigenetic differences arise during the lifetime of monozygotic twins. Proceedings of the National Academy of Sciences. 2005. July 26, 2005. Vol. 102. No. 30

Carol W. Greider und Elizabeth H. Blackburn: A telomeric sequence in the RNA of Tetrahymena telomerase required for telomere repeat synthesis. In: Nature. Band 337, Nr. 6205, 1989, S. 331–337

Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 2009 an Elizabeth H. Blackburn, Carol W. Greider und Jack W. Szostak

Super-Gene: Die neuesten Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft für ein langes gesundes Leben Gebundene Ausgabe – 6. April 2016 von Deepak Chopra  (Autor), Rudolph E. Tanzi  (Autor), Michael Wallossek (Übersetzer) ISBN-10: 3485028584 ISBN-13:978-3485028585

https://www.focus.de/gesundheit/news/entschluesselung-des-epigenoms-wie-sich-der-lebensstil-auf-die-gene-auswirkt_id_12939265.html

Bilder & Videos:

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